Besondere Kultur
„Der Dom im Dorf“ einst und jetzt
Neuberg an der Mürz – Kultur der besonderen Art
Am Oberlauf der Mürz bietet sich dem aus Richtung Mürzzuschlag anreisenden Besucher der imposante Anblick des Münsters zu Neuberg dar. Die Kirche ist, wie alle Zisterzienserkirchen, der Krönung und Himmelfahrt Mariens geweiht. Als Herzog Otto der Fröhliche im Jahre 1327 ein Stift zu gründen beabsichtigte, unterstützten ihn die Zisterzienser des Stiftes Heiligenkreuz. Ganz dem Geist der Zisterzienser entsprechend waren sie auf der Suche nach einem ruhigen, abgeschiedenen Ort für die Gründung des Klosters. Neuberg erschien ihnen für ihr Vorhaben wie geschaffen. Die Mönche des Stiftes Heiligenkreuz begannen noch im Herbst des Jahres 1327 mit dem Bau der Stiftsanlange in Neuberg. In der Folge wurde der erste gotisch einheitliche in Langhaus und Chor aufgeführte Hallenkirchenbau Österreichs in 169-jähriger Bauzeit errichtet.
Diese Einzigartigkeit des Münsters kann während der Öffnungszeiten bestaunt werden. Darüber hinaus bietet sich für Pilger und kunstinteressierte Besucher die Möglichkeit das Münster, den Kreuzgang, das Dormitorium und das Refektorium mit einer fachkundigen Führung zu besichtigen.
Die stattliche Größe des Münsters ist für eine relativ kleine Pfarre wie Neuberg eine große finanzielle Herausforderung. Deshalb wurde 1969 der Verein „Freunde des Neuberger Münsters“ ins Leben gerufen. Besonderes Ziel ist die Unterstützung der immer wieder notwendigen Renovierungsarbeiten. Neue Mitglieder sind natürlich immer herzlich willkommen.
Wichtige Projekte und Anliegen im vergangenen Jahrzehnt waren:
Dachstuhl
Der Dachstuhl des Neuberger Münsters ist der größte mittelalterliche Kirchendachstuhl Österreichs. Dieses schöne und aufwendige Dachwerk ist in seiner Großartigkeit ein besonderes Beispiel gotischer Holzarbeit. Hier zeigt sich das Können der Zimmerleute vor rund 600 Jahren. Der riesige Dachstuhl ist eine Sehenswürdigkeit ersten Ranges. Seit dem Brand des Wiener Stephansdomes ist er der kunstvollste, aus Lärchenholz gezimmerte, Österreichs. Jedes Jahr am Pfingstsonntag ist in der Zeit von 14.00 – 17.00 Uhr eine Besichtigung des Dachstuhls im Neuberger Münster möglich.
Ein Wald aus Lärchenholz
Der gewaltige Dachstuhl des Neuberger Münsters stellt seit der Vernichtung des Daches des Stephansdoms in Wien im Jahre 1945 ein in Ausmaß und Konstruktion einzigartiges Beispiel gotischer Zimmermannskunst in Österreich dar. Vor allem, wenn man bedenkt, dass diese architektonische Meisterleistung im 15. Jahrhundert ohne technische Hilfsmittel konstruiert wurde.
Dank der Erfahrung der Zimmerleute aus dem schwäbischen Raum wurde in der gesamten gewaltigen Konstruktion kein einziger Eisennagel verwendet. Dieser weisen Voraussicht ist es zu verdanken, dass der Dachstuhl des Neuberger Münsters auch heute noch in seinem ursprünglichen Zustand bewundert werden kann.
Da im Dachstuhl des Neuberger Münsters 1100 Kubikmeter Holz, mehrheitlich Lärchenholz verarbeitet worden sind, wurde mit dem Titel „Ein Wald aus Lärchenholz“ sicher nicht übertrieben. Der imposante Dachstuhl ist mit ca. 72000 Biberschwanzziegeln gedeckt. Diese Fläche entspricht ca. 3 Fußballfeldern. Das Erscheinungsbild des Dachstuhls bietet durch die verwinkelten Balken einen krassen Gegensatz zur lichtdurchfluteten Hallenkirche. Obwohl der Dachstuhl auch tagsüber fast zur Gänze im Dunklen liegt, vermittelt das gewaltige Gebälk dem Besucher ein Gefühl von Geborgenheit.
Die Glocken der Neuberger Kirchen
Bis 1917 gab es im Münster drei und in der Kirche „Maria Himmelfahrt am grünen Anger“ zwei Glocken. Die im Jahr 1537 gegossene Glocke des Münsters wurde 1917 für Kriegszwecke abgenommen und 1925 durch die 300 kg schwere „Heldenglocke“ ersetzt. Sie trug die Namen aller im Ersten Weltkrieg gefallenen Neuberger.
1942 mussten drei Glocken abgeliefert werden. Aus dem Münster die aus dem Jahr 1730 (450 kg) und die neue; aus der Grünangerkirche die aus dem Jahr 1675. Die älteste aus dem Jahr 1446 mit den Buchstaben AEIOU wurde danach in das Münster übertragen. Auch die aus dem Jahr 1730 kam wieder zurück, sodass der Glockenstuhl am Dachreiter gleich viele Glocken trägt wie vor den beiden Weltkriegen. In der Grünangerkirche gab es also keine mehr.
Neuberger Kulturtage
Das Münster bietet einen imposanten Rahmen für die bekannten jährlich stattfindenden „Neuberger Kulturtage“. Unter dem bewährten künstlerischen Leiter der „Neuberger Kulturtage“ Stefan Vladar findet das Eröffnungskonzert traditionellerweise in unserem Münster statt. Das weitere 14-tägige Kulturprogramm mit namhaften Künstlern gestaltet der Neuberger Kulturtage Verein in den Räumlichkeiten des ehemaligen Klosters.
Eine Expositur dieses Programmes stellt die Orgelwanderung zur Filialkirche am Grünen Anger, der ehemaligen Pfarrkirche Neubergs, dar. Sehr viele Stammgäste aus der Steiermark und den angrenzenden Bundesländern schätzen seit Jahren diesen besonderen Kulturgenuss in dieser einzigartigen Atmosphäre.